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Re: Kriterienkatalog fuer Deutsche Bahn



Hallo Friedger, Nochmal ich,

Da ich mehrfach direkt angeschrieben wurde, nochmal der Versuch einer
Klarstellung:
DOS heisst nicht gleich Textmodus und umgekehrt. Ich kenne
Applikationen unter DOS, die fuer Blinde totoal untauglich sind.
Umgekehrt heisst Windows (XYZ) nicht immer gleich Grafik. Es gibt auch
sehr gute Programme unter diesem BS, die einen quasi Textmode
bieten.

> Alle screen reader sind noch verbesserungswuerdig, das wird niemand in F=
> rage =20
> stellen. Jede software kann noch verbessert werden. nur die Loesungen di=
> e =20
> bereits auf dem Markt sind als "verzweifelten Versuch" zu bezeichnen fin=
> de ich =20
> doch zu negativ argumentiert.
Naja. Ich gehoere halt zu denjenigen, die fast jeden Tag mit neuer,
anderer Software konfrontiert werden. Und da hat mich halt auch der
Frust erwischt. Ich habe z.B. noch keine brauchbare Methode gefunden,
mit dem bei uns eigentlich vorgeschriebenen "Framemaker" zu
arbeiten...

> > Es darf einfach nicht der Eindruck erweckt werden, da=DF ein Blinder
> > unter Windows problemlos alles! kann! Das ist genauso fatal, wie
> > die DOS-Argumentation.
> 
> Da stimme ich Dir voll zu. Und genau das war der Knackpunkt der mir gest=
> ern =20
> morgen so sauer aufgestossen ist. Sehgeschaedigte koennen mit DOS arbeit=
> en, =20
> aber nicht mit Windows. Nutzen wir doch dieses Forum und diskutieren mal=
>  was =20
> mit DOS besser als mit Windows funktioniert.
OK. Gern. Mich wuerde z.B. sehr interessieren, wie effizient
blinde mit annaehernd derselben Software unter Windows oder DOS
zurechtkommen. In gewissen Grenzen waere ein solches Softwarepaar
MS-Word (DOS) und WinWord (WindowsXX). Hier sind Lehrer von
Blindenschulen, Berufsfoerderungswerken etc. aufgerufen, Erfahrungen
weiterzugeben.

> > Hervorragend kann man im Textmodus als Blinder auch unter LINUX
> > arbeiten. Und das ist ein BS, das sicherlich nicht auf dem absteigende=
> n
> > Ast ist.
> 
> Linux ist eine sehr nette UNIX Implementierung die grosse Zukunft hat. D=
> och =20
> sehen wir den Tatsachen ins Auge: wir, die Sehgeschaedigkten werden (was=
>  den =20
> Beruf betrifft) auf den Industriestandard angewiesen sein. Und der wird =
> auch in =20
> Zukunft bei den Microsoft Betriebssystemen  liegen, ob uns das gefaellt =
> oder =20
> nicht.
Das Wort "Industriestandard" gefaellt mir gar nicht, das hoert sich so
solide an!!! Ernsthaft. Aber Du hast so recht. Auf uns kommen noch
ganz boese Zeiten zu. Liest man die Ankuendigungen und Konferenzpapiere,
so dominieren die voll grafischen Userinterfaces: 3D Desktop,
3D-Programmiersprachen ...
Jetzt laufen schon die Screenreader den Entwicklungen mit einem Abstand
von ca 2 Jahren hinterher...

> > Und offen gesagt, warum haben in der letzten Zeit soviele Blinde ihren=
> 
> > Job verloren? Nur weil sie in weiterf=FChrung Deiner Argumentation
> > unf=E4hig waren, mit Windows umzugehen? Ich kenne genug Beispiele!
> 
> Nein, das habe ich nicht gemeint. Kein Blinder ist unfaehig mit Windows =
> =20
> umzugehen. Warum so viele Blinde ihren Job verloren haben ist sicherlich=
>  nicht =20
> auf die fehlende Bereitschaft zurueckzufuehren mit Windows arbeiten zu w=
> ollen.
Die Gruende sind sehr vielfaeltig. Ich habe mit einigen Faellen direkt
zu tun gehabt und moechte zumindest auf dieser Liste keine Details
mitteilen. In jedem Falle kann ich sagen, dass es auch Personen gibt,
- nicht nur aeltere - die sich einfach keine Vorstellung davon machen
koennen, was da auf dem Bildschirm passiert und wie die Umsetzung
auf die Braillezeile passiert.

> > Da=DF Dir und mir der Umgang mit Windows halbwegs effizient m=F6glich =
> ist,
> > darf (leider) nicht zu dem Umkehrschlu=DF f=FChren, da=DF jeder Blinde=
> 
> > ein PC-Spezialist ist!!!
> 
> Ich wuerde mich selber auch nicht als "Spezialisten" bezeichnen. Und tro=
> tzdem =20
> kann man mit Windows sehr effizient arbeiten.
Wichtig ist das Wort "kann". Das gilt fuer ganz bestimmte Programme.

> > Die Mehrzahl der blinden Nutzer kommt mit einer Textbasierten
> > Oberfl=E4che besser zurecht und dabei ist es total egal, unter welchem=
> 
> > BS das jeweilige Programm l=E4uft.
> 
> Das wuerde ich nur fuer den Privatbereich so annehmen. Stell Dir doch vo=
> r ich =20
> haette meiner Firma bei meiner Einstellung angeboten mit einer SUN WorkS=
> tation =20
> und ihrem UNIX mitzuarbeiten. Auch wenn mein damaliger Chef an meine Lei=
> stungen =20
> geglaubt haette, rein organisatorisch waere das nicht gegangen. Es gibt =
> =20
> Supportabteilungen die unsere Informationstechnologie warten und pflegen=
> =2E Fuer =20
> die ganze Firma weltweit existieren Empfehlungen z. B. wie Dokumente ers=
> tellt =20
> werden sollen und welche Software eingesetzt wird. =20
Das ist nach meinen Erfahrungen sehr unterschiedlich. Wir installieren
gerade fuer eine oeffentliche Stelle ein Netzwerk, wo den Auftraggebern
egal ist, wie und mit welcher Software die Informationsmasken
ausgefuellt werden. Da wird es ein kleines Spezialprogramm
fuer die blinden Mitarbeiter geben, was einfacher als die GUI-Loesung
bedient werden kann. Das ist ganz erheblich preisguenstiger als die
komplette Umstellung der Arbeitsplaetze auf Win98, neue Braillezeilen
und Schulungen. Ich will damit nur sagen, dass manch Arbeitgeber
auch ganz schoen felxibel ist.

> > Unterst=FCtzung ist im Endeffekt nicht ganz einfacht: Experten kosten
> > Geld und es ist einfach nicht alles =FCber Sponoring und freiwillige
> > Leistungen m=F6glich. Die Aufgaben sind teilweise derart Komplex,
> > da=DF man eine Kosten-Nutzen-Analyse immer mal wieder betrachten mu=DF=
> =2E
> 
> Selbstverstaendlich, zwei Arten des Zugangs zu den Auskunftsdaten zu =20
> implementieren und zu pflegen kostet auch Geld. Und nur um die DOS user =
> zu =20
> aegern hat die DB die DOS Loesung sicherlich nicht abgeschafft. Es waren=
>  wohl =20
> die Kosten der Grund.
Naja. Das glaube ich nicht. Ich habe z.B. HaCon angeboten, die
DOS-Version auf Linux zu portieren. Kostenlos. Waere ja ein echter
Gage. Aber die sehen nur die "Standard"-User. Randgruppen
interesieren zwar, machen aber nur einen geringen Anteil der Kunden
aus. Ausserdem kann ja jeder Blinde, auch die, die nicht den PC
beherrschen, 19419 anrufen. Das ist vermeintlich konfortabler.
Tatsaechliche Kostengruende spielen selten eine wirkliche Rolle.

> > Nichts f=FCr ungut. Ich kann in ans=E4tzen Deinen Frust verstehen.
> > Aber auch im Stra=DFenverkehr richtet man sich ehr nach
> > dem Durchschnittsfahrer und nicht nach den Schumis.
> 
> Ich hoffe nicht das die Weiterentwicklung von Hilfsmitteln und Windows =20
> Zugansloesungen von der Mehrzahl der Sehgeschaedigten Computerbenutzer =20
> getrieben wird. Das wuerde meiner Meinung nach in die falsche Richtung f=
> uehren.
Warum glaubst Du, dass ausgerechnet hier der uebliche Mechanismus
durchbrochen wird? Nicht das beste setzt sich durch, sondern das
vermeintlich preiswerteste, besser beworbene oder ...
Als Optimist hoffe ich natuerlich, dass es gelingt, Blinden weiterhin
den Zugang zum Computer zu erhalten. Ich persoenlich glaube,
dass Mittelfristig die ueberstuelpung von Textpresentation ueber ein GUI
der falsche Ansatz ist. Das bedeutet immer eine zusaetzlichen
Abstraktionsebene. Ich erwarte, dass die neuen Entwicklungen im Bereich
"Usibility" dazu fuehren, dass total unterschiedliche
Praesentationsmodelle auf einer gemeinsamen, abstrakten Ebene aufsetzen.
Sollte das in 3-5 Jahren Realitaet werden, sehe ich ein Licht am
Horizont.

Herzliche Gruesse

Klaus-Peter