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Das T-online-Debakel
- Subject: Das T-online-Debakel
- From: abraxas_bEi_mail2.isys.net (Michael Lang)
- Date: Fri, 25 Jul 1997 14:13:32 +0200 (MET DST)
Aus der sueddeutschen Zeitung vom 24.7.:
<***ml***>
Netzsurfer im Datenstau
Neue Software bei T-Online legt Internet-Zugang lahm
Durch eine "technische Revolution" wollte die Telekom die
Kunden ihres Online-Dienstes T-Online ins Multimedia-Zeitalter
katapultieren. Die bislang geringe Surfgeschwindigkeit im Internet
sollte sich dank neuer Uebertragungstechniken erhoehen, der quaelend
langsame Austausch elektronischer Post schneller funktionieren.
Mittlerweile ist die Euphorie verflogen. Seit Wochen sehen sich immer
mehr T-Online-Kunden von der Datenautobahn ausgesperrt, weil ploetzlich
keine Verbindung mehr zustande kam.
Seit dem Start der Online-Aktivitaeten der Telekom, damals noch unter
dem Namen Btx, war in Deutschland das "X 25"-Protokoll
verbreitet. In den letzten Jahren setzte sich jedoch das World Wide
Web (WWW) weltweit durch. Es ermoeglicht auch Laien, Texte und Bilder
aus dem Internet auf den heimischen PC zu holen. Grundlage fuer den
Datenverkehr ist das Internet Protokoll namens TCP/IP. Die
nachtraegliche Kopplung von TCP/IP und X 25 fuehrte allerdings immer
wieder zu Problemen bei T-Online, denn der gesamte Datenstrom wurde
jahrelang ueber einen einzigen Uebergabepunkt in Ulm, den sogenannten
"Ulmer Flaschenhals" geleitet.
Mit einem neuen "Dekoder" sollte das alles besser werden.
Die Software, die den 1,6 Millionen T-Online-Kunden in den letzten
Wochen in mehreren Schueben zugeschickt wurde, stellt zwischen dem PC
und dem Einwaehlknoten eine reine Internet-Verbindung in
"PPP-Technik" auf. Dieses Point to Point Protokoll ist der
Standard fuer den Internet-Zugang.
Zugleich spendierte die Telekom ihrer Tochter T-Online statt einem nun
180 Zugaenge zur hauseigenen Datenautobahn. Dabei handelt es sich um
eine Hochgeschwindigkeits-Strecke, die direkt mit allen wichtigen
Datenkanaelen der Welt verbunden ist. Deshalb sollte eigentlich alles
viel schneller gehen.
Doch kaum waren die ersten CD-Rom mit der neuen Software verschickt,
kam es zu massiven Problemen. Die in den Einwaehlknoten der Telekom neu
installierten "Router", elektronische Weichen also, die das
alte Btx-Netz mit seinen Diensten wie Home-Banking vom Internet
trennen, brachen unter der Last hunderttausender von Zugriffsversuchen
zusammen. Beim Testbetrieb mit 20 000 Nutzern hatten sie noch
ordnungsgemaess funktioniert.
Ein Softwarefehler in den Routern, so musste die Telekom jetzt zugeben,
fuehrte zum Crash. Dabei haben die Kunden nicht nur den Nachteil, dass
sie nicht ins Internet kommen. Sie muessen sogar die Kosten fuer die
Verbindung bezahlen, da der Telephonzaehler zu ticken beginnt, sobald
der Rechner der Gegenseite "abhebt", noch bevor die
eigentliche Online-Verbindung zustandekommt.
Zwangsweise Offline
Da der Fehler nur auftritt, wenn viele Kunden ins Internet wollen,
sind vor allem die Einwaehlknoten in Grossstaedten betroffen. In Berlin,
dessen T-Online Kunden zu den ersten gehoerten, die mit der neuen
Software beglueckt wurden, waren bereits vor ueber zwei Wochen die
Nutzer zwangsweise offline. Zwar versuchten Telekom-Ingenieure
zusammen mit Technikern der amerikanischen Softwarefirma, die Router
flott zu machen, bisher jedoch ohne Erfolg.
Trotzdem schickte die Telekom nach wie vor die verhaengnisvolle CD-Rom
an ihre Kunden. Als die Scheiben Sueddeutschland erreichten, spielten
viele Muenchner T-Online-Surfer arglos die neue Software auf ihre
Rechner und waren prompt vom weltweiten Datenverkehr ausgeschlossen.
Besonders aergerlich fuer jene, die im Vertrauen in die neue Technik
ihre alten Zugangsprogramme bereits geloescht hatten.
Die Empfehlung der Telekom: Das alte Programm auf keinen Fall loeschen
und mit der neuen Software immer mal wieder testen, ob die Panne
behoben ist. BERND SCHOeNE
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