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Dialog im Dunkeln, Nachtrag



Hallo Forum! 

Hier noch ein kleiner Nachtrag zum Thema:

Wenn Sehende am "Dialog im Dunkeln" teilnehmen, werden sie das
ueberwiegend als etwas ausgefallene Unterhaltungsveranstaltung wahrnehmen
und eigentlich waere das kein Problem. 

Eine Schieflage entsteht durch die Ankuendigung, man erlebe hier die Welt
der Blinden. Schon diese Ausdrucksweise traegt zur Mystifizierung Blinder
bei. Es gibt keine dritte Welt und keine Welt der Blinden. Wir muessen
uns schon alle in der einen einrichten, aber wo wir in dieser als Blinde
eigentlich stehen, ist eine Frage, die wir zu selten miteinander
diskutieren. 

Besonders problematisch ist die Geschichte, weil hier in einer
Unterhaltungsveranstaltung reale Blinde als lebende Ausstellungsstuecke
eingesetzt werden. Sie sind der Aufreisser, die Attraktion, ohne die die
Sache gar nicht laufen wuerde. 

Blinde wissen dies natuerlich und rechtfertigen es mit ihrem Anspruch
nach Aufklaerung Sehender ueber Blinde. 
- Alle Blinden scheinen aber nicht gemeint zu sein, denn es ist
auffaellig, dass die grosse Gruppe der geistig Behinderten nicht
teilnimmt.
- Es definiert niemand, was er ueber Blinde vermitteln will. Ich habe da
von Blinden schon sehr komische Geschichten ueber das Blindsein gehoert,
von denen noch die harmloseste ist, dass sie Blinde fuer besonders
sensibel und musikalisch halten.
- Schliesslich prueft niemand nachvollziehbar, ob oder in wie weit die
Vermittlung eigentlich gelingt, was herueber kommt. Es kann als Pruefwert
kaum reichen, wenn jemand den Eindruck hat, die Umwelt reagiere nun
sensibler.

Einmal angenommen, es gaebe ein ueberzeugendes Konzept darueber, was
Sehenden ueber die vielschichtige Personengruppe der Blinden vermittelt
werden sollte, so waere ich immer noch skeptisch, dass diese Vermittlung
in nennenswertem Umfang gelingt. 

Ein gigantischer Medienapparat produziert Einstellungen am laufenden
Band. 
Die niedliche anschmiegsame Blinde im Spielfilm oder, wie kuerzlich,  der
Blinde in "Wetten, dass", einer unserer geistig behinderten Schueler, der
sicherlich ganz bewusst und trotz aller Verhaltensauffaelligkeiten als
"normaler" Blinder verkauft wurde, erzeugt Einstellungen, gegen die alle
Oeffentlichkeitsarbeit der Vereine wirkungslos bleibt. 

Gruss Gerd Heimann

-- 
Staatliche Handelsschule fuer Blinde und Sehbehinderte Hamburg
Carl-Cohn-Str. 2, 22297 Hamburg
Tel 040 514311-0 Fax 040 51431144 http://www.hh.schule.de/hblin
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