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Vereine



Hallo in die Runde!

Vor ca. einer Woche hatte eine blinde Rollstuhlfahrerin die  
Veroeffentlichung des Anforderungskataloges des DBSV fuer die Deutsche  
Bahn AG zum Anlass genommen zu bemerken, dass sie lieber in einem Verein  
waere, der alle Behinderten vertreten wuerde.

Diese Aussage moechte ich nicht unwidersprochen stehen lassen. Auch ich  
bin fuer eine enge Zusammenarbeit zwischen den Blindenverbaenden und  
anderen Behindertenverbaenden. Dieses ist auch schon deshalb notwendig,  
damit man sich im Vorfeld auf Forderungen einigen kann, denn kommt es zu  
unterschiedlichen Forderungen, besteht immer die Gefahr, dass sich die  
Politiker die bequemste oder preisguenstigste Loesung heraussuchen oder  
alles so lange auf die lange Bank schieben, bis man sich auf einen  
gemeinsamen Nenner geeinigt hat.

Trotzdem wuerde ich mich dagegen wehren, wenn Rollstuhlfahrer die Belange  
Blinder und Blinde die von Rollstuhlfahrern  vertreten wuerden. Schon im  
Blindenverein selbst ist es schwierig genug, immer eine gemeinsame Haltung  
einzunehmen und genau diese ist nach aussen wichtig. Wenn hier noch andere  
Behindertengruppen dazukommen wuerden, duerfte die gemeinsame  
Meinungsbildung noch schwieriger werden. In einem allgemeinen  
Behindertenverein wuerde der Blinde immer eine Minderheit darstellen.

1989 wurde beim ABSV der Arbeitskreis "Verkehr und umwelt" ins Leben  
gerufen. Die Teilnahme an diesem Arbeitskreis ist nicht an eine  
Mitgliedschaft gebunden, jedoch sollen hier unterschiedliche Meinungen  
koordiniert werden. Natuerlich gibt es auch hier Blinde, die andere  
Auffassungen zur Loesung  bestimmter Verkehrsprobleme haben. Die  
Teilnehmer sind jedoch so diszipliniert, dass Meinungsverschiedenheiten  
intern angesprochen und ausdiskutiert werden . Hilfreich ist dabei haeufig  
auch die Anwesenheit eines Mobilitaetstrainers. Nach aussen wird dann  
jedoch nur eine gemeinsame Meinung vorgetragen. Der Erfolg auf politischer  
Ebene oder bei den Berliner Verkehrsbetrieben zeigt, dass dieser Weg  
richtig ist. Wenn man alle unterschiedlichen Meinungen nach aussen  
weitergeben wuerde, fuehrt dieses nur zu Irritationen und jeder Erfolg  
wuerde fraglich werden. Werden Rollstuhlbelange tangiert, erfolgt eine  
Absprache mit dieser Gruppe im Vorfeld. Die Absenkung der Bordsteinkanten  
auf 3 cm konnte nur erfolgen, nachdem sich Rollstuhlfahrer und Blinde im  
Vorfeld auf diese Kompromissloesung geeinigt haben.

Die Teilnahme an diesem Arbeitskreis sorgte aber auch dafuer, dass  
diejenigen, die eine andere Meinung vertreten haben, mehr Verstaendnis  
fuer gefasste Beschluesse haben, denn sie konnten durch ihre Teilnahme den  
Diskussionen und dem Werdegang der gemeinsamen Meinungsbildung folgen.

Kritik kann man an allem ueben. Wichtig ist es aber, dabei auch  
konstruktiv zu sein und manche Vorgehensweisen muessen taktisch gut  
ueberlegt werden. Manchmal fuehrt auch nur ein Weg der kleinen Schritte  
zum Ziel. Eine aktive Mitarbeit in Blindenvereinen ist aber immer wichtig,  
auch wenn man seine Meinung nicht gleich durchsetzen kann. Wie heisst es  
doch: "Wer kaempft, kann verlieren, wer nicht kaempft, hat schon  
verloren!"

Mit freundlichen Gruessen

Detlef