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Re: Ideas to enhance screen readers



Hallo Norbert,

ich wusste nicht, ob ich meine Gedanken zur Weiterleitung auch haette in
Englisch beifuegen sollen. Das kann ich zur Not demnaechst aber auch
einmal
tun. Mir ist naemlich noch ein Punkt eingefallen, der ebenfalls in den
Katalog von Lelieveld gehoert: Und zwar die Forderung, dass bei
komplexeren
Bildschirmen (die aus mehreren Fenstern bestehen) die Darstellung
strukturiert erfolgt.

Strukturierung ist aus meiner Sicht eine Moeglichkeit, Komplexitaet zu
reduzieren, um sie mit nur einer (bzw. einer halben) Zeile leichter
zugaenglich zu machen. Am weitesten verbreitet ist heute eine sehr
einfache
Art der Reduktion, indem in Braille bzw. Sprache immer nur das "aktive
Fenster" in Windows zugaenglich ist. Das reicht in vielen Faellen zwar
aus,
fuehrt aber auch zu Informationsverlusten, wenn man einfach einmal
wissen
will, was sonst noch so alles sich am Bildschirm tummelt.

Das von Dir erwaehnte Vertikal-Display ist vermutlich der aelteste
Ansatz,
noch unter DOS, Bildschirmstrukturen darzustellen. Man hat meiner
Meinung
nach dabei nur voellig uebersehen, dass die gelieferte Information sehr
grob und fast wertlos ist. Und unter Windows habe ich noch ueberhaupt
keine
Braille-Zeile gefunden, bei der die Vertikalanzeige eine sinnvolle neue
Funktion erhalten haette. Dabei gaebe es auch hier Moeglichkeiten, wenn
man
nur etwas umdenkt: Warum soll man eigentlich nicht vertikal immer den
Titel
des aktiven Fensters anzeigen (eine Hilfe zumindest fuer Anwender ohne
Sprachausgabe).  Natuerlich entspricht das ueberhaupt nicht der
Anordnung
der Buchstaben am Bildschirm, aber schliesslich ist das wohl nicht das
Einzige, was heute "quer laeuft"! Noch besser waere es, der Anwender
haette
die Wahl, welche Informationen dort praesentiert werden, denn andere
ziehen
vielleicht die Statuszeile vor und wieder andere wuenschen sich - je
nach
Anwendung oder Ereignis am Bildschirm - mal diese, mal jene Information
(immer diese Anwender! keine klaren Vorstellungen, aber Wuensche!).


Ich habe jetzt Deine Hoffnung, dass Du fuer Deine Vertikalanzeige im
Laufe
der Zeit vielleicht noch einen Sinn entdeckst, unter Windows etwas
enttaeuscht. Aber m. E. hat es keinen Sinn, in einer im Vergleich zu
Mitte
der 80er Jahre voellig veraenderten Software-Umgebung immer noch
dieselben
Braille-Zeilen zu verwenden. Die Labormodelle, die es mancherorts gibt,
befassen sich mehr mit anderer Hardware (anderen Moduln), aber kein
Mensch
scheint darueber nachzudenken, dass man heute vielleicht voellig andere
Anordnungen von Braille-Elementen und -Tasten braucht. Es hat zwar
einige
Versuche gegeben wie das FM80 von Baum oder das GUIDE von Papenmeier,
die
aber alle daran scheiterten, dass sie nur mehr Braille-Module lieferten,
ohne sie software-maessig sinnvoll zu unterstuetzen. Ich denke, dass
inzwischen einige Anwender genuegend Erfahrungen gesammelt haben, um
Entwicklungen sinnvoll begleiten zu koennen. Kann die EBU nicht einmal
ein
Forschungsprojekt auflegen, das die heutigen Arbeitsgewohnheiten blinder
Anwender (unter Windows mit den herkoemmlichen Braille-Zeilen) unter
ergonomischen Gesichtspunkten untersucht, um daraus Vorschlaege fuer
Weiterentwicklungen abzuleiten. Denn alle wissen doch, wie Du gesagt
hast,
dass sie sich nicht die Informationen "zusammenfummeln" wollen (manchmal
fuehlt man sich wie ein "golden Retriever"). Moeglichst viele
Informationen
mit wenig Fingerbewegungen zu erhalten, waere also ein recht wichtiges
Kriterium, um Muskeln und Gelenke zu schonen.

Um ganz deutlich zu machen, wie gross die Belastungen eigentlich sind,
muss
man den Tastbereich einer Fingerkuppe und die Laenge einer Braille-Zeile
als maximal zurueckzulegender Weg einmal auf den normalen Bildschirm
uebertragen. Er wuerde damit zu einer mehrere Quadratmeter grossen
Leinwand,
vor der in kurzer Entfernung ein Anwender steht, der das versucht, was
man
bei der Braille-Zeile "Cursor-Verfolgung" nennt. Er duerfte ganz
schoen ins
Schwitzen kommen (Cursor-Verfolgung erhaelt eine ganz neue Bedeutung!)!
Weniger sportlich sieht der Vergleich so aus, dass man von jemandem
verlangt, sich den Bildschirm durch ein Schluesselloch zu betrachten
und
Zusammenhaenge herzustellen.

Vielleicht zeigen Dir diese Vergleiche, dass "Strukturierung der
Information" letztlich bedeutet, dass die Zugangs-Software intelligenter
werden muss, d. h., Sucharbeiten, die heute mit Braille-Zeile und
Sprachausgabe noch manuell durchgefuehrt werden, uebernimmt.


Genug der "ideas" fuer heute. Wenn Herr Lelieveld gezielte Fragen hat,
kann
er mich ja auch einmal anrufen (Buero: 030/2014-7145).

Ruediger

Ps.: Norbert, Der ganze Text laesst sich auf einen kurzen Nenner
bringen:
Wenn man schon den Kopf voll hat, sollte man wenigstens die Haende frei
haben (Rate mal wozu!).