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Fw: Skandalöse Entscheidung!




-----Urspruengliche Nachricht-----
Von: Zuschauerredaktion_bEi_das-erste.de <Zuschauerredaktion_bEi_das-erste.de>
An: nmueller_bEi_stepnet.de <nmueller_bEi_stepnet.de>
Datum: Dienstag, 21. Dezember 1999 14:04
Betreff: AW: Skandaloese Entscheidung!


Sehr geehrter Herr Mueller,

vielen Dank fuer Ihre Mail und Ihr Interesse am ERSTEN.

Es ist richtig, die ARD-Programmdirektion hat sich dazu entschieden, den
Film JENSEITS DER STILLE ohne Audiodeskription und damit in Stereo
auszustrahlen. Wir sind uns bewusst, dass dieser Beschluss eine
Kompromissloesung ist.

Herr Hirschhaeuser von der zentralen Programmplanung des Bayerischen
Rundfunks nennt folgende Gruende fuer die Entscheidung:

Der Film JENSEITS DER STILLE basiert in den wesentlichen Sequenzen auf der
Wirkung von Musik.
Die Entwicklung des Maedchens Lara - sie spielt die zentrale Rolle im Film -
wird von der Musik entscheidend beeinflusst. Wuerde die Musik nicht in stereo
ausgestrahlt, wuerde auch der Spielfilm in der Urfassung veraendert. Wir
bitten um Verstaendnis, dass die Filmproduktion und die Regisseurin Caroline
Link aber eine unverfaelschte Ausstrahlung des Filmes im Fernsehen
garantieren moechten.

Das ERSTE ist ein Vollprogramm, das moeglichst viele Zuschauerinteressen
ansprechen will. Haette man den Film mono gesendet, waere die Mehrheit der
Zuschauer um die Qualitaet "betrogen" worden. Eine zeitgleiche Stereo- und
Monoausstrahlung ist uns aus technischen Gruenden leider noch nicht moeglich.
Daher hat man sich zu dieser Kompromissloesung entschlossen.

Die ARD moechte aber auch die Minderheiten nicht vergessen. Daher werden wir
diesen Spielfilm im Bayerischen Fernsehen im naechsten Jahr mit
Audiodeskription ausstrahlen.

Wir hoffen, wir konnten die sendeplanerischen Hintergruende dieser
Entscheidung fuer Sie etwas verstaendlicher machen. Dennoch danken wir Ihnen
fuer Ihr Engagement und wuenschen Ihnen und Ihrer Familie ein frohes
Weihnachtsfest und ein gutes neues Jahr!

Mit freundlichen Gruessen aus Muenchen

Sabine Weis
Zuschauerredaktion DAS ERSTE




-----Urspruengliche Nachricht-----
Von: Norbert Mueller [mailto:nmueller_bEi_stepnet.de]
Gesendet am: Dienstag, 21. Dezember 1999 11:48
An: zured_bEi_das-erste.de
Betreff: Skandaloese Entscheidung!

Sehr geehrte Damen und Herren,

soeben habe ich erfahren, dass der Film "Jenseits der Stille" heute Abend um
20.15 Uhr bei der ARD nicht in seiner Hoerfilmfassung ausgestrahlt werden
soll. Statt dessen wird der Film in Stereo gesendet.

Es ist in der Tat eine unglueckliche - wenn auch voruebergehende - Loesung, dass
fuer die Audiodeskription der zweite Stereokanal genutzt werden muss. Es ist
mir auch klar, dass hier die Interessen der verschiedenen Gruppen von
Fernsehzuschauern kollidieren koennen; dennoch bin ich der Ansicht, dass hier
von den Verantwortlichen der ARD eine gravierende Fehlentscheidung getroffen
werden sollte, die ich im freundlichsten Falle als "unueberlegt", aber
ehrlicher als ruecksichtslos und kaltschnaeuzig empfinde!

Ich will Ihnen das auch begruenden:

1. Der Film "Jenseits der Stille" spricht eine Problematik an, die sich in
aehnlicher Weise auch fuer viele Blinde und hochgradig Sehbehinderte Menschen
stellt. Schon aus diesem Grunde hat unser Personenkreis an diesem Werk ein
besonderes Interesse.

2. Wie mir Freunde berichtet haben, die den Film kennen, ist dieser Film
ohne Audiodeskription fuer blinde Menschen absolut ungeeignet, weil ja
wesentliche dialoge ohne Sprache ablaufen und uns somit nicht zugaenglich
sind. Die Entscheidung, den Film ohne Audiodeskription zu senden, ist also
eine bewusste Ausgrenzung unseres Personenkreises.

3. Sehende Menschen haben die Moeglichkeit, sich den Film in seiner vollen
Stereofassung im Kino anzusehen oder auf Videocassetten zu beschaffen. Das
Kino nuetzt uns in diesem Falle (s. 2.) aber nichts, und viele von uns
besitzen keinen Videorecorder, so dass wir nicht einmal die
Audiodeskriptionsfassung auf einer Videokassette nutzen koennten. - Ich weise
in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass es kaum Videorecorder gibt, die
fuer uns bedienbar sind.

4. Als oeffentlich-rechtliche Einrichtung ist die ARD allen Zuschauern
verpflichtet, nicht nur denen, die alle Sinne benutzen koennen. Wieder einmal
sind es Sinnesbehinderte, deren Interessen ausser Acht gelassen werden.

5. Die Audiodeskriptionsfassung von "Jenseits der Stille" wurde vom
Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbund finanziert. Eigentlich sollte es
nicht erforderlich sein, dass eine Selbsthilfegruppe Gelder fuer ein Angebot
bereit stellt, das ins Aufgabengebiet Ihrer Sendeanstalten faellt. Um so
empoerender ist es, wenn Sie sich dann noch entscheiden, unserem
Personenkreis die aus unseren Mitteln finanzierte Fassung vorzuenthalten.

Schon die Art und Weise, wie von der ARD bezueglich des Sendetermins
verfahren wurde, war mehr als aergerlich: Der Film wurde angekuendigt, fiel
wegen Fussball aus, sollte dann auf Ostern verschoben werden, tauchte
ploetzlich doch im Programm dieser Woche auf, sollte in seiner
Audiodeskriptionsfassung gesendet werden, das wurde kurzfristig abgesagt -
Wenn man bedenkt, dass es fuer uns ohnehin schwieriger ist als fuer sehende
Menschen, aktuelle Programminformationen zu beschaffen, dann kann man sich
des Eindrucks nicht erwehren, dass man bei der ARD nur wenig bis ueberhaupt
nicht ueber unsere Beduerfnisse nachdenkt.

Schreiben Sie mir jetzt keinen Brief, in dem sie "um Verstaendnis" fuer Ihre
Entscheidung bitten. Ich habe dieses Verstaendnis nicht und bin auch nicht
bereit, Verstaendnis dafuer aufzubringen, dass man unsere Interessen mit Fuessen
tritt. Ich bin eher bereit, Ihr Loblied so aus dem Wald herausschallen zu
lassen, wie Sie es hineinrufen!



Norbert Mueller